Topographie

AUTOR: FERDINAND SAUER

Die ehemals selbständige Gemeinde Wenighösbach, 1972 im Rahmen der Gebietsreform nach Hösbach (seit 1989 Markt Hösbach) eingemeindet[FS-TOPO-1], gehört zum Naturraum Spessart, politisch zum Landkreis Aschaffenburg, zum Regierungsbezirk Unterfranken und zum Freistaat Bayern.
Eingebettet in die Hügellandschaft des Vorspessarts liegt in einem Seitental der Aschaff, dem oberen Hösbachtal, das Haufendorf Wenighösbach, das sich nördlich und südlich des Hösbach auf einer Länge von etwa einem Kilometer von Südosten nach Nordwesten erstreckt. Die Höhenlage des Dorfgebietes steigt von rund 170 m am Münchhof bis auf rund 200 m am Hirtenberg, der Kahlgrundstraße und der Breunsberger Straße.
Das sich nach Süden hin öffnende Tal wird im Osten vom Münchberg (262 m) und dem Sternberg (267 m) begrenzt.
Im Norden schließen sich unterhalb eines alten Höhenweges, der in Verlängerung der Staatsstraße 2307 nach Daxberg führt, die bewaldeten Hänge der Kännel bzw. Känne und der Lautzenhecke an. Der Name der Waldabteilung Kännel und die angrenzende Weingrube erinnern uns heute noch an den früheren Weinanbau in diesem Gebiet.
Westlich des Dorfes bildet die Daxberger Höhe (auf der Karte der Umgebung von Aschaffenburg aus dem Jahr 1875 wird die Daxberger Höhe noch als Rad Höhe bezeichnet) mit 332 m von jeher eine natürliche Barriere vor stürmischen Winden und allzu schweren Gewittern.
Südwestlich und gegen Süden und Südosten dehnen sich die auch heute noch intensiv bebauten fruchtbaren Feldfluren bis an die Gemarkungsgrenzen von Goldbach und Hösbach aus.
Wenighösbach ist also gleichsam eingehegt und gegen manche Unbilden der Witterung geschützt, während sich das wasserreiche Tal im Süden der wärmenden Lufteinströmung breiträumig öffnet.[FS-TOPO-2]
Wenighösbach, 2 St. (Stunden) von A.S. (Aschaffenburg Stadt), mit 40 Wohnh. (Wohnhäuser), 48 Fam. (Familien), 319 S. (Seelen), Kath. (katholisch), Fil. (Filiale) zur Pf. (Pfarrei) Hösbach, 1 Schule; früher Lg. (Landgericht) Kaltenberg; zugetheilt: Münchhof, Hof mit 1 Wohnh. (Wohnhaus), 1 Fam. (Familie), 9 Seelen, Fil. zur Pf. (Pfarrei) Hösbach, und Schule[FS-TOPO-3], so wurde die Gemeinde 1830 in einem statistisch-topographischen Handbuch beschrieben.
In das etwas abgelegene Dorf führte damals nur eine ausgebaute Straße. Sie kam von Hösbach, verlief zunächst parallel zum Scheitel des Schellenbergs, führte vorbei an den Fluren von Mühlacker, Klinger und Hoher Rain und erreichte schließlich an der Furtwiese, den Hösbach querend, den südlichen Ortseingang.
Die Vorläuferin der heutigen Betonbrücke wurde erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut.
Die teilweise tief eingeschnittenen Hohlwege im Verlauf der Straße bezeugen ihre starke Nutzung durch unzählige Fuhrwerke in den vergangenen Jahrhunderten. Eine Abzweigung an der Flurabteilung Beim Kirchhof führte südlich des Dorfes gewissermaßen als frühe Umgehungsstraße über die heute nicht mehr vorhandene Bäumcheshohle und den Heidenackerweg zur Breunsberger Straße.
Im ungefähren Verlauf des heutigen Verbindungswegs im Hösbachtal, der Kreisstraße AB-10, ist auf dem Extraditionsplan von 1845 nur ein Fußpfad eingezeichnet.[FS-TOPO-4] Auch die topographische Karte der Umgebung von Aschaffenburg aus dem Jahr 1875, gefertigt durch Ad. Dietz, zeigt noch diese Situation.[FS-TOPO-5]
Bereits im September 1913 beschloss die Gemeinde Wenighösbach, den Münchwiesenweg als durchgängig befestigte Straße auszubauen.[FS-TOPO-6] Doch es sollten noch 23 Jahre vergehen (wegen des Ersten Weltkriegs, der Inflation und der Weltwirtschaftskrise), bis die Absicht 1936 in die Tat umgesetzt werden konnte.
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I Geologie und Frühgeschichte 15
[Platzhalter für Bild: Historische topografische Karte der Umgebung von Aschaffenburg, die Wenighösbach und umliegende Orte und Geländeformen zeigt.]
Bildunterschrift: Karte der Umgebung von Aschaffenburg (Ausschnitt).
Im Selbstverlag des Verschönerungsvereins Aschaffenburg. Bearbeitet von Ad. Dietz, k. b. Premierlieutenant, im Jahre 1875 (Mit freundlicher Genehmigung des Stadt- und Stiftsarchivs Aschaffenburg). Der Hösbach wird hier auf einer Strecke unterhalb des Münchhofs als »Altseebach« bezeichnet. Diese Bezeichnung könnte in Anlehnung an die Hösbacher Flurlage Alter See entstanden sein; sie befindet sich an der Gemarkungsgrenze zu Wenighösbach etwa 500 m unterhalb des Münchhofs.
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16 I Geologie und Frühgeschichte
[Platzhalter für Bild: Skizzierter Gewässerplan von Wenighösbach, der den Verlauf von Hösbach und seinen Zuflüssen mit Namen zeigt.]
Bildunterschrift: Gewässerplan von Wenighösbach, erstellt 2001 durch das Planungsbüro Trölenberg+Vogt, Aschaffenburg.
Mit freundlicher Genehmigung des Marktes Hösbach.
Bearbeitet von Berthold Glaab/Ferdinand Sauer. Das Erlenwiesenbächlein war bislang namenlos. Die Namen der übrigen Fließgewässer wurden dem Salbuch der Gemeinde Wenighösbach (angelegt 1853) entnommen.
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I Geologie und Frühgeschichte 17
Wenighösbach ist heute Ortsteil des Marktes Hösbach und zählt inzwischen (Juli 2005) 1097 Einwohner.
Bestimmt wird das Erscheinungsbild der Gemeinde von der St.-Barbara-Kirche, die 1929 nördlich des Dorfes auf einem kleinen Hügel errichtet wurde. Zu ihren Füßen scharen sich die Häuser.[FS-TOPO-7]
Die grundlegenden Veränderungen wirtschaftspolitischer und gesellschaftlicher Strukturen, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, machten sich auch in Wenighösbach bemerkbar. Der über Jahrhunderte ausschließlich bäuerlich geprägte, landschaftlich idyllisch gelegene Ort wandelte sich zum Arbeiter- und Wohndorf.
Mit der Fertigstellung der nur wenige Kilometer entfernten Autobahn A 3 im Juli 1958 (Teilabschnitt Stockstadt-Hösbach) wurde eine schnelle Verbindung zum Wirtschaftszentrum Rhein-Main ermöglicht. Die steigende Zahl der Erwerbstätigen, die als Pendler im Großraum Frankfurt ihrem Broterwerb nachgehen, kann dadurch relativ rasch und bequem ihre weit entfernten Arbeitsplätze erreichen.
Seit einigen Jahren verbinden öffentliche Verkehrsmittel das Dorf im Stundentakt mit der Kreisstadt Aschaffenburg. Trotz reger Bautätigkeit und der damit verbundenen starken Ausweitung des Dorfes in den vergangenen 20 Jahren (hauptsächlich durch das Baugebiet Buchenäcker) präsentiert sich Wenighösbach auch heute noch in einem geschlossenen, ja, harmonischen Ortsbild.


Tabelle 1: CM Tooltips für Fußnoten (korrigiert)

TermTerm-Titel (Anzeige)Beschreibung
[FS-TOPO-1]¹Vgl. HAIN, Robert: Politische Entwicklung und kommunales Geschehen seit 1972, S. 1 ff.
[FS-TOPO-2]²WOHLFAHRT, Ignaz: Wenighösbach, Geschichte des Dorfes aus ältester Zeit bis zur Gegenwart, S. 2, Entwurf von 1955, Gemeindearchiv Hösbach (künftig zit. GAH).
[FS-TOPO-3]³ROTTMAYER, Anton: Statistisch-topographisches Handbuch für den Unter-Mainkreis des Königreichs Bayern. Würzburg 1830, S. 117.
[FS-TOPO-4]Vermessungsamt Aschaffenburg, Extraditionsplan von 1845.
[FS-TOPO-5]Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Karte der Umgebung von Aschaffenburg. Im Selbstverlag des Verschönerungsvereins Aschaffenburg. Bearbeitet von Ad. Dietz k. b. Premierlieutenant im Jahre 1875.
[FS-TOPO-6]GAH, Gemeindeprotokolle Wenighösbach, vom 13. September 1913.
[FS-TOPO-7]Vgl. BERGMANN, Albert: Kirchengeschichte. Von 1894 bis zur Gegenwart.

Tabelle 2: CM Tooltips für das Glossar (Worterklärungen)

TermTerm-Titel (Anzeige)Beschreibung
GebietsreformGebietsreformEine administrative Neuordnung von Gemeinden und Landkreisen mit dem Ziel, größere und leistungsfähigere Verwaltungseinheiten zu schaffen. In Bayern fand sie hauptsächlich in den 1970er Jahren statt.
NaturraumNaturraumEin Gebiet, das sich durch einheitliche geographische Merkmale wie Geologie, Klima, Boden und Vegetation von seiner Umgebung abgrenzt. Der Spessart ist ein solcher Naturraum.
VorspessartVorspessartDie westliche, hügelige Randzone des Mittelgebirges Spessart, die in die Mainebene übergeht. Er ist durch niedrigere Höhen und fruchtbarere Böden als der Hochspessart gekennzeichnet.
HaufendorfHaufendorfEine Dorfform, bei der die Höfe und Häuser unregelmäßig und eng beieinander gruppiert sind. Die Wegeführung ist oft verwinkelt und folgt keinem festen Plan.
FeldflurenFeldflurenDie Gesamtheit der landwirtschaftlich genutzten Flächen (Äcker, Wiesen, Weiden) einer Gemarkung oder eines Dorfes.
LandgerichtLandgerichtIm Königreich Bayern war das Landgericht (älterer Ordnung) bis 1862 eine staatliche Verwaltungs- und Justizbehörde auf unterer Ebene, vergleichbar mit einem heutigen Landkreisamt und Amtsgericht.
HohlwegeHohlwegeWege, die sich durch jahrhundertelange Nutzung von Fuhrwerken und Vieh sowie durch Erosion tief in das umgebende Gelände eingeschnitten haben. Sie sind typisch für Löss- und Sandgebiete.
ExtraditionsplanExtraditionsplanEin historischer Begriff für eine amtliche Vermessungskarte oder einen Katasterplan, der die Grenzen und den Besitzstand (Flurstücke) einer Gemeinde detailliert darstellt.
SalbuchSalbuchEin mittelalterliches oder frühneuzeitliches Verzeichnis, in dem der Grundbesitz sowie die damit verbundenen Rechte, Abgaben und Dienste eines Grundherrn detailliert aufgeführt wurden.
Arbeiter- und WohndorfArbeiter- und WohndorfEin Dorf, dessen Charakter sich von einer ursprünglich landwirtschaftlichen Prägung zu einem Ort gewandelt hat, in dem die meisten Einwohner als Pendler in nahegelegenen Städten oder Industriegebieten arbeiten und wohnen.

Tabelle 3: Personenverzeichnis (für Tooltips)

Term (Personenname)Term-Titel (Anzeige)Beschreibung
Ferdinand SauerFerdinand SauerAutor des Kapitels „Topographie“ in der vorliegenden Publikation.
Robert HainRobert HainAutor eines zitierten Werkes über die politische und kommunale Entwicklung Hösbachs nach der Gebietsreform von 1972.
Ignaz WohlfahrtIgnaz WohlfahrtVerfasser eines Entwurfs zur Dorfgeschichte von Wenighösbach aus dem Jahr 1955.
Anton RottmayerAnton RottmayerAutor eines statistisch-topographischen Handbuchs für den Unter-Mainkreis aus dem Jahr 1830.
Ad. DietzAd. DietzKöniglich bayerischer Premierleutnant, der 1875 eine detaillierte Karte der Umgebung von Aschaffenburg erstellte.
Berthold GlaabBerthold GlaabBearbeitete zusammen mit Ferdinand Sauer den 2001 erstellten Gewässerplan von Wenighösbach.
Albert BergmannAlbert BergmannAutor eines zitierten Werkes über die Kirchengeschichte der Region von 1894 bis zur Gegenwart.
Josef DiepoldJosef DiepoldFotograf, der im Jahr 2001 die im Text erwähnte Luftaufnahme von Wenighösbach anfertigte.